Nachbarschaft: Lärm ist nicht gleich Lärm

«Der eigene Hund macht keinen Lärm – er bellt nur.» Was der deutsche Schriftsteller Kurt Tucholsky damit treffend ausdrückt: Ob etwas als Lärm wahrgenommen wird, ist sehr individuell. Das eigene Saxophon-Spiel, das Gejauchze von Kindern oder die Party auf der Terrasse – für die einen pure Lebensfreude, für andere Grund, um die Polizei zu rufen. Diese unterschiedliche Wahrnehmung macht die Problemlösung im Konfliktfall nicht einfacher – und auch nicht der Fakt, dass im Gesetz kaum geregelt ist, was als zumutbarer oder übermässiger Lärm gilt.

Das Zivilgesetzbuch beispielsweise hält lediglich fest, dass «nicht gerechtfertigte Einwirkungen durch Lärm» verboten sind (Art. 684). Und gemäss Obligationenrecht (Art. 257ff) muss die Mieterschaft «auf Hausbewohner und Nachbarn Rücksicht nehmen». Auch in Reglementen von Stockwerkeigentümergemeinschaften oder in einer Hausordnung sind die entsprechenden Punkte meist nur schwammig formuliert. Klar hingegen sind die Polizeiverordnungen oder Gemeindereglemente, die zumindest die Zeiten von Mittags- und Nachtruhe festlegen.

Gerade weil Lärm individuell eingestuft wird und keine klaren Grenzwerte definiert sind, sollte vor dem Anruf bei der Polizei oder dem Brief an den Vermieter immer zuerst das Gespräch mit den Nachbarn gesucht werden. Dabei braucht es beiderseits Toleranz, Verständnis und gegenseitige Rücksichtnahme. Hält der Lärm an, wird bei der Beurteilung ob dieser unzulässig ist auf folgende Punkte geachtet: Stärke des Lärms, dessen Charakter, Zeitpunkt und Häufigkeit. Kann keine einvernehmliche Lösung gefunden werden, bleibt nur der Weg zu den Behörden (Gemeinde, Bau- oder Sicherheitsbehörde, Polizei), beziehungsweise die Beschwerde an die Verwaltung. Diese kann Schritte ergreifen, die bis zur Kündigung des Mietverhältnisses mit dem Störenfried gehen.