Muss die verbaute Aussicht entschädigt werden?

Jahrzehntelang war der Ausblick auf den See und die Berge frei – nun stehen plötzlich Baugespanne auf der Nachbarparzelle und lassen erahnen, dass es mit der schönen Aussicht bald vorbei sein könnte. Im Zuge der starken Bautätigkeit und insbesondere auch mit dem Ersatz von Altbauten durch grössere Neubauten, sind Liegenschaftsbesitzer immer öfter mit diesem Thema konfrontiert. Dabei taucht schnell die Frage auf, ob eine Wertminderung durch die verstellte Aussicht oder auch durch den Schattenwurf eines Neubaus bei dessen Erstellter geltend gemacht werden kann.

Um es vorwegzunehmen: In den meisten Fällen sind die Chancen dafür gering. Ein Recht auf Aussicht besteht nur, wenn für die zu bebauende Parzelle entsprechende Einträge im Grundbuch vorhanden sind. Etwa in Form einer Höhenbeschränkung oder eines Verbots, einen Teil des Grundstücks zu bebauen. Ein übermässiger Schattenwurf eines geplanten Gebäudes wird von den Baubehörden wiederum nur geprüft, wenn Grenzabstände – beispielsweise in Absprache mit einem anderen Nachbarn – unterschritten werden oder die Gebäudehöhe kommunale Vorschriften überschreitet. Letzteres ist etwa dann denkbar, wenn für das zu bebauende Areal ein Gestaltungsplan eingereicht wurde, der das ermöglicht. Erfüllt ein Bauprojekt hingegen alle Regelbauvorschriften und tangiert es keine im Grundbuch eingetragenen Einschränkungen, kann es kaum verhindert werden und auch eine Entschädigungsforderung aufgrund der Wertminderung wird meist scheitern.

Trotzdem kann es Sinn machen, bei der Planauflage den Baurechtsentscheid einzufordern und die Baueingabe auf die Einhaltung aller Vorschriften zu prüfen. Im Fokus stehen dabei etwa die Grenzabstände oder die Gebäudehöhe, deren exakte Auslegung manchmal zu Diskussionen Anlass geben und durchaus Einfluss auf die Grösse eines Neubaus haben können. Hierzu muss aber meist ein Baujurist beigezogen werden.