Ist ein mündlicher Mietvertrag rechtsgültig?

Vielleicht weil man sich schon lange kennt oder sich einfach sympathisch war – es gibt sie hie und da auch heute noch: Mietverhältnisse, die ohne schriftlichen Vertrag besiegelt werden. Spätestens wenn es zu Problemen kommt, stellt sich für eine der beiden Seiten aber die Frage nach der rechtlichen Situation. Beispielsweise: Was kann ich machen, wenn der Mieter mit seinem Zins im Rückstand ist? Darf der Vermieter mir einfach auf Ende Monat die Wohnung kündigen?

Weil das Gesetz keine Formvorschriften für Mietverträge vorsieht, kann ein solcher auch nur per Handschlag oder in seltenen Fällen sogar stillschweigend zustande kommen. Etwas vereinfacht gesagt reicht es, wenn sich die zwei Parteien über die Benutzung der Mietsache und den dafür zu zahlenden Zins einigen. Einzige Ausnahme bilden Kantone, in denen die Leerwohnungsziffer einen bestimmten Prozentsatz unterschreitet: Dort hat man als Vermieter die Pflicht, den Anfangsmietzins mit einem amtlichen Formular bekannt zu geben. Im Kanton Zürich besteht diese Pflicht beispielsweise, da sich dort die Leerwohnungsziffer unter dem Schwellenwert von 1.5 Prozent befindet. Von dieser Pflicht ist aber keiner der Ostschweizer Kantone betroffen. Im Kanton St. Gallen beispielsweise lag die Leerwohnungsziffer im Jahr 2020 bei 2.4 Prozent.

Ansonsten gelten auch bei einem mündlichen Mietvertrag sämtliche Rechte und Pflichten gemäss Obligationenrecht. Dazu gehört die Pflicht zur Zahlung von Mietzins und Nebenkosten genauso wie das Recht auf die Einhaltung der Kündigungsformalitäten. Eine Kündigung muss also auch in diesem Fall per amtlich genehmigten Formular mitgeteilt werden und es gilt die gesetzliche Kündigungsfrist von drei Monaten. Im Problemfall die nötigen Beweise für davon abweichende mündliche Vereinbarungen zu erbringen, ist natürlich schwierig – und das gilt wiederum für beide Seiten.