Eine gute Tat, die später zum Problem werden kann

Sie hatten es nur gut gemeint. Das Ehepaar Blumer zog nach der Pensionierung in eine Alterswohnung und vermachte ihr Haus Tochter Sarah, die schon seit langem ein Eigenheim für ihre Familie suchte. Sohn Valentin hatte damals nichts erhalten. Für alle war dies so weit in Ordnung. Bis der letzte Elternteil 18 Jahre später starb und Sarah mit einem riesigen finanziellen Problem konfrontiert wurde. Im Rahmen der definitiven Erbteilung schuldete sie ihrem Bruder Valentin nämlich plötzlich eine sechsstellige Summe Geld.

Weil eine Immobilie im Nachlass meist mit Abstand den grössten Posten des Vermögens bildet, gibt es oft Probleme, wenn die Liegenschaft nur an einen von mehreren Nachkommen geht. Denn laut Gesetz erben Kinder immer zu gleichen Teilen – weshalb es auch die sogenannte Ausgleichspflicht gibt. Für Sarah sieht die Rechnung so aus: Der heutige Wert des Hauses liegt bei 900’000 Franken, das vererbte Vermögen der Eltern beträgt 100’000 Franken. Beide Kinder haben ein Anrecht auf die Hälfte des gesamten Erbes – also je 500’000 Franken. Für Sarah bedeutet dies, dass sie Valentin 400’000 Franken schuldet. Geld, das sie nicht hat, da ihr Erbanteil grösstenteils im Haus steckt und nicht in Cash vorhanden ist.

Gerade wer seine Immobilie noch zu Lebzeiten einem von mehreren Kindern überträgt, sollte sich der Problematik bewusst sein – nur schon, um späteren Streit zwischen den Kindern zu vermeiden. Etwas abfedern könnte man das Problem für das Kind, das die Liegenschaft erbt, indem man es teilweise von der Ausgleichspflicht befreit. Dabei dürfen aber die gesetzlichen Pflichtteile nicht verletzt werden. Dieser liegt in Valentins Fall bei 25 Prozent des Gesamterbes – also 250’000 Franken. Dann müsste Sarah ihm nur noch 150’000 Franken auszahlen. Ob diese Lösung fair ist, steht natürlich wieder auf einem ganz anderen Blatt.